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Auf dem Weg um die Welt


​...und zu allem was dazwischen liegt

Ab in die Wüste! Von Kashan nach Yazd, vorbei an Teppichhändlern und Keulenschwingern...

3/9/2017

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So richtig ausschlafen können wir ja nicht, obwohl wir es sicher verdient hätten. Doch wer nachts um 2 irgendwo ankommt und sich, als auch seine sieben Sachen bis 3 sortierten muss, der geht gewöhnlich nicht um 9 zum Frühstück. Doch wir haben keine andere Wahl und genau einen Tag für ganz Kashan. Es sollten ja eigentlich gut anderthalb sein, aber wie zuletzt beschrieben, war unseren vormaligen Gastgebern unsere eigene Planung nicht im selben Maße wichtig, wie uns.
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So richtig ausschlafen können wir ja nicht, obwohl wir es sicher verdient hätten. Doch wer nachts um 2 irgendwo ankommt und sich, als auch seine sieben Sachen bis 3 sortierten muss, der geht gewöhnlich nicht um 9 zum Frühstück. Doch wir haben keine andere Wahl und genau einen Tag für ganz Kashan. Es sollten ja eigentlich gut anderthalb sein, aber wie zuletzt beschrieben, war unseren vormaligen Gastgebern unsere eigene Planung nicht im selben Maße wichtig, wie uns.
Wir verlassen unsere Wüstenoase und begeben uns in die trockene Hitze dieser kleinen Stadt. Kashan war eine bedeutende Handelsstadt, die viele Menschen im Laufe der Zeit wohlhabend und einige reich gemacht hatte. Von den ganz Reichen baute so mancher eine schattenspendende Oase aus zeitlos braunen Lehm und immerkühlen Wassers in diese karge Wüstenstadt. Diese wollen wir uns anschauen. Üblicherweise wurden die besten Häuser nach ihren Besitzern benannt, welche da Tabatabei oder Ameriha hießen.
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Doch zuerst kommt der Bazar. Dieser gilt als einer der schönsten des Irans, was zwangsläufig weltweit bedeutet. Weniger hektisch ist es hier, die Leute schlendern mehr, als dass sie suchen. Sicher typisch für unsereins, doch we-niger für die Iraner selbst, die, man mag es kaum glauben, zumeist wirklich wis-sen, weshalb sie hier sind. In der gefäl-ligen Atmosphäre können wir uns kaum verstecken und werden daher fort-während gegrüßt und Willkommen ge-heißen. Weswegen wir da wären, woher wir denn kämen. Noch sind wir zu freundlich, als dass wir einfach weiter-gehen könnten. Das wird sich bald än-dern, zum Glück wissen wir das noch nicht. Leichter würde es uns sicher fallen, wüssten wir nur um die ober-flächliche Gefälligkeit des sich anbahnen-den Verkaufsgesprächs. Doch nicht in Kashan, nicht ein einziges Mal. Hier ist man einfach nur freundlich, interessiert, zurückhaltend, beinahe unaufdringlich. So durchlaufen wir den Bazar und lassen uns feiern.
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Das Tabatabei Haus wurde 1880 fertig gestellt und besticht durch seine feinen Stuck- und Spiegelglasarbeiten. Von außen freilich ist davon wenig zu sehen. Wie schon in unserem Hotel betreten wir das Areal durch eine unscheinbare Holztür in einer lehmgestrichenen Mauer in irgendeiner Gasse. Was er nach außen hin nicht zeigen durfte, hat sich der bescheidene Besitzer für drinnen aufgehoben. Licht, Prunk und Wasser, wohin man sich wendet. Es gehörte bezeichnenderweise einem äußerst wohlhabenden Teppichhändler, der es sich leisten konnte derart mondän zu wohnen. In seinem geräumigen Hof fließt das Wasser, das zudem fortwährend im Sonnenlicht verdunstet und durch ein ausgeklügeltes Belüftungssystem den kühlen Dunst in die tieferliegenden Räume zieht. Dort kühlt es vorrangig die Räume der Familie und deren Gäste. Auf der anderen Seite wohnen die Bediensteten in sicherem Abstand zu ihrem Dienstherren in der Hitze. Xenia gefällt das reich bespiegelte Frauenzimmer mit exklusivem Blick in den Hof, vorallem aber der Raum eigens für Ohrringe.
In der Hitze des Nachmittags laufen wir weiter zum Abassian Haus, weniger spektakulär und detailversessen, dafür umso größer. Eigentlich ist es ja mehr so ein Gebäudekomplex, dreigeschossig, doppelhöfig. Macht also eher so 6 Häu-ser. Der Bauherr, ein Glashändler, muss ein effizienter Mensch gewesen sein, vielleicht sogar Ökonom. Reich war er wohl trotzdem. Den ganzen Stuck hat er sich gespart, die Spiegel erst recht. Dafür fanden in seinem Domizil gleich mehrere Familien und ein Teehaus Platz. Der Clou: durch einen Kanal fließt kühles Wasser durch alle tieferliegenden Räume. Noch ist es nicht ganz fertig restauriert, obwohl 'fertig' bei einem Lehmhaus ein unzureichendes Attribut zu sein scheint. Die vielen kleinen Schäden, entstanden im Laufe der Zeit oder schlicht durch das Erdbeben vor knapp 30 Jahren, sind noch nicht gänzlich beseitigt. Ohne Zweifel jedoch ist es das sympathisch-ere der beiden Häuser.
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Zu guter letzt folgen das Ameriha Haus und der Hamam. Ersteres gehörte einem Waffenhändler, ist entsprechend ebenso prunkvoll wie groß und daher nun ein exklusives Hotel. Letzteres war jedermanns Badehaus. Da Reinlichkeit den Muslimen seit jeher ein Anliegen war und in einer Welt mangelnder Hygiene und des Gestanks auch gewissermaßen ein Alleinstellungsmerkmal, wurde beim Hamam nicht gespart. Über konkave, dickglasige Linsen in der gewölbten Decke wird das Licht in die Badesäle geleitet und gleichzeitig den auf den Dächern sitzenden Spannern die Sicht ins Innerere verwehrt. Sogar ein System zur Zuführung kalten und warmen Frischwassers hatten sich die Baumeister ausgedacht. Wir sind begeistert über die technische Kreativität der längst vergangenen Zeiten angesichts der Banalität, mit der wir heutzutage den Wasserhahn bedienen.
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Beim Zurücklaufen passieren wir die Bozorgh Agha Moschee, die auch Jammeh Moschee, große Moschee, heißen könnte. Denn irgendeine besonders große Moschee gibt es tatsächlich in jeder Stadt, weshalb sich die Einheimischen zumeist in der Namensgebung beschränken. Ihr angeschlossen waren Räume für Reisende, die wie auch in unseren Kirchen, gern gesehene Gäste waren. Diesen Geist scheinen sich die Iraner bewahrt zu haben. Speziell in der Mittagshitze liegen sie in den Ecken, hin und wieder betend, ab und an sinnierend, recht häufig schlafend. Ja, Moscheen sind entgegen manch westlicher Vermutung zumeist ein Ort der Ruhe, welcher Art auch immer. Ein junges Mädchen bietet sich uns an, wir vermuten einen verkappten Guide und lehnen so freundlich unfreundlich wie möglich ab. Nein, sie wolle nur ein wenig Englisch sprechen, erwidert sie entwaffnend. Xenia traut dem ganzen nicht so recht, sondert sich ein wenig ab. Verübeln kann man es ihr nicht, wenn es ums Verhindern von Bescheißereien geht sind Frauen in der Regel konsequenter als ihre herzerweichten Geschlechtskollegen. Meiner bescheidenen Theorie nach haben Frauen jede mögliche Bescheißerei schon einmal im Kopf durchgespielt und sind uns daher immer einen Schritt voraus. Zudem ist das Bescheißerbudget in der weiblichen Wahrnehmung immer schon für Schmuck verplant. Oder Kleidung. Am Ende erzählt uns das junge Mädchen, was wir schon immer über Moscheen wussten und dass der Sultan Jäger war. Aber eben auch, warum die Türeingänge schon seit Teheran so übertrieben hoch sind, so dass man immer mit einem großen Schritt das Haus betritt. Wegen der Skorpione! Wieder etwas gelernt...
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Am nächsten Tag erreichen wir Esfahan nach dreistündiger Busfahrt. Inzwischen sind wir schon derart im Reisemodus, dass wir Fahrten bis drei Stunden kaum noch wahrnehmen und eigentlich auch nicht mehr planen. Drei Stunden liegt doch quasi um die Ecke. Esfahan indes ist schon ein anderes Kaliber als Kashan! Es ist die Touristenhochburg des Landes, quasi das iranische Rothenburg. Schon am Busbahnhof springen uns die Taxifahrer entgegen, feilschen mit ihren unmöglichen Preisen. Wir haben sie satt und müssen sie dennoch ertragen. Wir ertappen uns dabei, wie wir besonders aufdringliche Exemplare verscheuchen, als seien sie lästige Fliegen, wohlwissend, dass auch sie Familien zu ernähren haben. Ein Spiel, das am Ende des Tages keinem von uns gefallen kann, lässt es doch einen arbeitslosen Fahrer und einen schuldbeladenen Touristen zurück. Das Gespräch mit anderen Iranern offen-bart die gleiche Hassliebe, man rät uns zum offenen Verhöhnen der Abzocker, anders könne man die Preise auch nicht stabil halten. Und für Schuld gäbe es hierzulande gar keinen Raum. Während ich als männlicher Entscheidungsträger das Gros der Offerten abbekomme, feichst Xenia, ich könne schon einmal für Indien üben. Geduld, innere Ruhe und Taxi Zen. Und ein wenig Ignoranz für die Schuldbewältigung.
Was wir uns beim Taxi letztendlich gespart haben, verlieren wir wieder beim Zimmer. Umgerechnet 25 Euro für ein Doppelzimmer, dessen hygienischer Standard uns gerade noch erträglich erscheint, vermiesen uns kurz die Stimmung. Es wird nicht besser, als wir uns zuerst Jolfa, das armenische Viertel anschauen wollen. Ziellos irren wir durch die Gassen, auf der Suche nach etwas zu Essen. Im Viertel selbst gibt es nur Kaffeebars, die Beschaulichkeit vergangener Tage scheint auch hier dem Starbucks Ambiente gewichen zu sein. An den Eingängen warten die Kellner, versprechen uns warme Küche um uns dann auf Pommes und Baguettes zu verweisen. Und danach dann Kaffee. Doubleflavoured, double Milch, mit Schokostreusel, für 4  Euro. Was ein Schnäppchen, bei uns wären es wohl 7...
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Wir fliehen, finden irgendwo irgendwas. Inzwischen nehmen wir auch Eis als Nahrung wahr. Es wird doch wieder Baguette werden. In der Dämmerung laufen wir zum Naqsh-e Jahan Maidan, seines Zeichens nicht weniger als der zweitgrößte Platz der Welt. Seine vier Seiten werden begrenzt von zwei Moscheen, einem Palast und dem Eingang zum Bazar. Wobei auch die ewig lange Balustrade, die den Platz umgibt einen eigenen Bazar darstellen könnte, wenn sie es nicht schon ist. Wir betreten den Platz im letzten Licht des Tages, drängen uns durch die Menschenmasse, die weniger aus Touristen denn aus Familien mit Decken und Picknickkörben gemacht scheint. Unaufhaltsam bahnen sie sich ihren Weg durch die Massen auf die letzten freien Stellen Wiese in der Nähe der Brunnen. Gemächlich laufen wir den halben Kilometer Platz der Shah Moschee entgegen, die majestätisch an dessen Ende thront. Wir werden abgefangen von Mehdi, der uns auf einen Tee zu seinem Onkel Mohammed einlädt. Der sei Teppichhändler, betreibe seinen Laden gleich um die Ecke und spreche ein ganz klein wenig Deutsch. Lange unterhalten wir uns über die Kunst der Teppichherstellung und über die Nomaden, deren Teppiche er vertreibt. Wir verabreden uns am kommenden Morgen wiederzukommen. Doch nun müssen wir uns beeilen, wollen es noch zur welt-berühmten Schah Moschee schaffen, deren Eintritt abends um 8 für eine Stunde kostenlos sei. Wir schaffen es kaum, denn beim Bestaunen des imposanten Portals werden wir schon wieder abgefangen von einer interessierten Schülergruppe, ausschließlich Mädchen, jugendlich und gläubig, die sich dankbarerweise auf Xenia konzentriert. Während ich warte, werde ich von einer Gruppe mittlerweile gesetzter Junggesellen angesprochen, die sich die Zeit beim Warten, Beobachten und Bewerten totschlägt. Ihr Anführer ist auch ihr Vordenker, kürzlich pensionierter Lehrer, 60. Seine Kollegen sind etwa 50 und 40. Beinahe jeden Abend kämen sie hierher, hätten Spaß, genössen ihr Dasein. Sie hätten ja keine Frauen, da könne man sich so etwas erlauben, grinst der Anführer. Er ist ein besonders gewitzter Zeitgenosse, englischsprachig, wortgewandt, gebildet. Ich schließe  ihn sofort ins Herz, will ihn Xenia zeigen, als hätte ich gerade etwas Tolles entdeckt. Doch die scheint noch mit ihrer Schülerinnengruppe in Glaubensfragen zu kämpfen. Derweil rät mir der Witzbold, unbedingt Biryani, quasi die lokale Spezialität, zu essen. Andernfalls hätte ich wohl umsonst gelebt. Woher er so gutes Englisch spreche, frage ich. Nun, antwortet er, als er damals die Schule verließ, suchten sie gerade Englischlehrer, ein Blick in sein Zeugnis verriet sein Talent, da wurde er verpflich-tet, erzählt er ernst. So war das damals. Er hätte ja gern etwas Sinnvolles gemacht, wie seine beiden Junggesellen Kollegen, die wären nun Ingenieure. Aber nichts da. Wiederspruch hätte einem vor 40 Jahren auch schnell als Ablehnung ausgelegt werden können, da habe er dann doch lieber gehorcht und renitente Schüler unterrichtet. Und nun sitze er hier, beobachte und vergleiche die Generationen. Ob ihm die Frauen nicht fehlten, bei all seiner Freizeit, frage ich ihn. Er habe das schon probiert, aber nur der Körperlichkeit wegen müsse man doch nicht heiraten. An seine These kettet er den selben Bericht wie schon Adel und Abol in Teheran über das Leben der Perser vor und hinter ihren verschlossenen Türen. Und besonders dahinter hätten die Weiber wieder das Sagen, grinst er und gestikuliert zu Xenia, die mit ihren Gläubigen zu einem Ende zu kommen scheint. Frauen hätten in dieser Gesellschaft eh zuviel zu sagen. Wenn sie auch keine Präsidenten werden dürften und Kopftuch tragen müssten, hätten sie gesetzlich und politisch alle Rechte der Männer, aber bei weitem nicht alle traditionellen Pflichten.
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Derweil betreten wir die Moschee, die ihrem Ruf als eine der schönsten der Welt mehr als gerecht wird. Dunkelblaue Fliesen, aufwendige Muster, wieder einmal bringt uns die Kreativität und Handfertigkeit ihrer Erbauer zum Staunen. Im Halbdunkel aus Nacht und Beleuchtung umweht sie eine Mystik, die auch auch schon Millionen Pilger vergangener Jahrhunderte gespürt haben müssen. Respektvoll laufen und staunen wir, wohlwissend, dass die Moschee weniger für uns als eher für die wirklich Gläubigen geöffnet wurde. Diese scheinen jedoch viel zu sehr im Beten und Zuhören vertieft, als dass sie uns am Rande der Prozession wahrnehmen könnten. Wir beschließen, tagsüber wiederzukommen, auch wenn uns die saftigen Eintrittsgelder schon langsam gehörig auf den Geist gehen. Die Junggesellen stehen indes noch immer vor der Moschee. Stolz präsentiere ich Xenia meine Entdeckung, die anschließend bestens unterhalten scheint. So erfahren wir schließlich von Prostitution im Iran, die es selbstverständlich gäbe, und die über die temporäre Heirat 'Sire' gedeckt würde. Natürlich brauche es da progressive Mullahs, welche die sich zeitweise Liebenden zeitweise trauen. Aber wo anders könne man die Progressivsten ihrer Art finden, wenn nicht in Qom, witzeln sie. Qom sei ja nicht weniger als die traditionellste Stadt, Sitz des Ayatollahs und das geistliche Zentrum der Islamischen Republik Iran. Ob es da nicht gleich Sinn mache, wenn der Zuhälter selbst ein Mullah wäre, frage ich und erhalte keine Antwort.
Am folgenden Morgen führt uns Mohammed in die Geheim-nisse der Teppichherstellung ein. Nacheinander besuchen wir die Färberei, die Flicker und die Reiniger. Weil die Färber in Hitze und Geruch arbeiten, finden sich ihre Geschäfte stets abseits des Hauptbazares. Logisch ist, dass heute viel mit che-mischen Farben gearbeitet wird, die vorrangig aus Deutschland kommen, aber dennoch auch noch Natur-farben ihren Platz hätten.
Aber vergleichen ließen sie sich nicht, dafür wären die Ergebnisse letztendlich zu unterschiedlich. Ohne dass man sich vorstellen müsste, erhält Mohammed Eintritt in alle Bereiche und Geschäfte des Bazaars, scheint hier jeden zu kennen. Immerhin habe er vor bald 50 Jahren in einer kleinen Ecke des Bazaares, die man kennen müsse um sie finden, angefangen zu arbeiten. Da kenne er natürlich jeden Stein, jeden Kollegen. Man sei zusammen gealtert und habe sich stets respektiert. So ginge er auch heutzutage noch gern durch den Bazar, auch wenn er gar nichts suche oder brauche. Indes betreten wir die Färberei, in der schon eine ganze Ladung Wolle in der roten Brühe kocht. Je nach Intensität reichten 40 Minuten bis maximal zwei Stunden Färben, dann werde die Farbe ausgekocht. Schließlich werde getrocknet, das sei der ganze Zauber. Das Geheimnis läge eher in den Maschinen, die ein absolut gleichmäßiges Färben ermöglichen. Und natürlich in der Erfahrung der Färber, die einen Farbton anhand einer trockenen Probe bestimmen und anmischen müssten, was unglaublich schwierig sei. Wir bedanken uns und gehen weiter zu den Flickern, die ihre Arbeit anhand von Mustern beginnen, die wiederum von kundigen Musterzeichnern entwickelt werden. Gute Muster verbreiteten sich und blieben so auch über Generationen erhalten. Die Symbolik und Bedeutung war den Menschen früher sehr wichtig, heute zähle allein das Auge. Wir sehen wie unter großem körperlichen Aufwand ganze Teppiche anhand ihres Knotengerüsts Faser um Faser verschoben werden, neu ausgerichtet oder sogar teilweise ersetzt werden können. In einer beeindruckenden Banalität wird dazu der ganze Teppich auf ein Brett genagelt, bis ein Flicker mit einem scharfen Messer ganze Fasern durchtrennt und die kaputten Teilstücke zieht. Fällt es dem Betrachter auf, werden neue Fasern eingesetzt, die genau der vorherigen Faser entsprechen. Wenn nicht, wird die nächste Reihe Fasern mit einem Kamm und einem Hammer angeschlagen. Nur noch wenige Menschen beherrschten dieses alte Handwerk, weswegen es sich durchaus rechne, dass die Besitzer teurer Teppiche im Ausland ihre teuren Stücke in den Iran versenden und hier vor Ort reparieren ließen. Angesichts von Preisen weit oberhalb 5000 Euro pro Stück haben wir daran keine Zweifel. Zu guter letzt führt uns Mohammed zu den Teppichwäschern, die zumeist auf den Dächern des Bazars arbeiten. Angesichts des Gewichts eines mittelgroßen nassen Teppichs erscheint es wenig überraschend, dass ein jeder Wäscher ziemlich muskulös ist. Durch eine Tür, die eher einer Luke gleicht, betreten wir die Dächer und die Hitze, die wir im Schutz der steinernen Kuppeln des Bazars beinahe vergessen hatten. Hier oben schweift der Blick über die Dächer dieser Stadt in ocker und blau, während direkt neben uns ein Schmuckstück aus Seide in safran und türkis, groß und teuer in der Sonne trocknet. Vermutlich ist es der schönste Teppich, den wir unter den tausenden der vorangegangenen Bazaare hatten ausmachen können. Was sowas den koste, frage ich. Sicher 50.000 Dollar, wenn nicht mehr
Wir verlassen den Bazar, nachdem wir der Versuchung widerstehen und keinen kleinen Teppich kaufen und essen das vielgerühmte Biryani. Dies ist Lammhack und Lungenhaschee mit Gemüse und Salat im Fladenbrot. Klingt wenig spektakulär, schmeckt aber zur Abwechslung ungewohnt und beinahe richtig lecker. Für eine zweite Portion reicht es noch nicht, so laufen wir zur Jameh Moschee. Die ist trotz ihres Alters, ihrer Größe und ihres Status als Weltkulturerbe keine weitere Beschreibung wert, zumal wir bereits richtig viele dieser Gotteshäuser gesehen haben und auch noch sehen werden. Um unsere Enttäuschung über den Weg zu verarbeiten setzen wir uns abseits des Hauptplatzes an den Rand eines alten Freilichttheaters und folgen dem Spiel eines Nasenflöters und seines singenden Begleiters. Im inzwischen nächtlichen Schatten der Dome und Kuppeln dieser Stadt, fängt er gerade an, jene orientalische Mystik zu erzeugen, als Mehdi mit seinem neuerlich japanischen Begleiter an uns vorüberläuft. Das passt gut, weil wir ja eigentlich noch mit Mehdi unseren morgentlichen Ausflug zu den persischen Keulenturnern besprechen wollten, so schließen wir uns kurzerhand an. Mahdi und Yusuke waren eigentlich schon am Ende ihrer Tour, weswegen wir ihnen die Bogenbrücken vorschlagen. Diese werden nicht nur für ihre offensichtliche Schönheit gerühmt, sondern vorallem, weil sie im Abendlicht die Sänger und deren Zuhörer anziehen. Zu denen wollen auch wir gehören.
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Als wir ankommen, sind sie schon im vollen Gange. Begünstigt durch die jahreszeitlich bedingte Dürre und einen neuerlichen Staudamm trägt der Zayandeh Fluss  nur 2 Monate im Jahr Wasser, den Rest des Jahres liegt er trocken. Mehdi erzählt uns, dass die Regierung dennoch zu besonders festlichen Anlässen die Schleusen öffne und so den gröbsten Ärger über das traurige Bild verhindere. Den Sängern dagegen soll es recht sein. So richtig ungestört sängen sie erst, wenn die unteren Torbögen begehbar wären und sich Zuhörer als auch Passanten nicht zwangsläufig in die Quere kämen. Wir halten inne, lauschen, staunen, den Blick über die Lichter der Stadt gewendet um die anderen schummrig beschienenen Brücken zu sehen, während sich die halbe Stadt in und um die Khaju Brücke zu treffen scheint. Einem Konzert gleich, müssen wir ein Stockwerk tiefer drängeln und anstehen um einen guten Blick auf die Gesangsgruppe zu bekommen, die sich weit verteilt zwischen ihrer Zuhörerschaft zerstreut hat. Was sie singen, wissen wir nicht, doch es hört sich ursprünglich und vergangen an. Vielleicht singen sie schon immer die gleichen Lieder, alte Verse voll der melancholischen Poesie des Orients, genauso ursprünglich wie die Stadt selbst.
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Wir treffen Mehdi am nächsten Morgen. Es ist frühs um 10, eigentlich zu früh für einen Menschen wie ihn, entschuldigt er sich. Doch wir sind verabredet dem Zarkhaneh beizuwohnen. So fahren wir zu einer Halle vor der Stadt, wo Menschen allen Alters, trainieren und kämpfen, wie sie es schon vor tausenden Jahren taten. Dabei kann man mächtig stark werden, wie Bilder und Heldentafeln in den obersten Rängen beweisen. Doch heute wird nur trainiert in einer Mischung aus klassischem Bodybuilding und rhythmischer Sportgymnastik. Ringen fällt heute aus! Auf einem Podest sitzt also ein multifunktionaler Antreiber, der singt, trommelt, ab und an den Gong schlägt und fortwährend Kommandos gibt, während im Ring die Trainings-wütigen sich zuerst strecken und dann in sehr schwierig aussehende Liegestütze übergehen. Der Antreiber trommelt sich derweil in Ekstase und ruft immerzu die selben Kommandos in die Menge, die von ihr genauso ekstatisch wiederholt werden. Während sich die Alten erholen, werden die Keulen herbeigebracht, welche das Trainingszeremoniell so einzigartig machen. Sie sind in Größe, Gewicht und Hand-habung Schwertern nachempfunden.
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Die Jüngsten fügen sich inzwischen ein, indem sie einem Zirkustrick gleich Jonglierübungen mit den kleinsten Keulen vorführen. Kurz darauf beginnen die Alten sich die schwersten Keulen im Gleichtakt der Musik über die Schultern und Köpfe zu heben. Dabei stehen sie so eng, dass ein Abweichen von dem gesamtheitlichen Bewegungsablauf unweigerlich mit der Verletzung eines Nachbarn enden würde. Irgendwann hat es sich ausgekeult, sah ja auch anstrengend aus. Da bleibt noch ein wenig Zeit, sich einmal mehr zu lockern, was man am Besten durch die rhythmische Drehung um die eigene Achse zu erreichen scheint. Besonders die Allerjüngsten erreichen dabei ein beeindruckendes Tempo. Wiedereinmal gleicht die ganze Vorstellung einem gigantischen Zirkustrick, passenderweise gibt's kurz vor Schluss auch noch Eis, weil Reza, der große Imam und Philosoph heute Geburtstag hat. Na dann, Glückwunsch! Der älteste Ringer betritt noch einmal die Manege, während ihm seine Ringerkollegen ihren Tribut zollen. Für's Drehen reicht es nicht mehr, was er mit mächtig ausholenden Bewegungen, Stampfen und böse Gucken kompensiert. Zittrige Bewegungen verraten sein hohes Alter, wenn auch noch für die Keulen gelangt hat. Das gebannte Staunen der bestens unterhaltenen Menge folgt, als er sich als Achtzigjähriger offenbart.
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Wir gehen mit Mehdi essen und bekommen gefühlt das erste Mal nach 2 Wochen etwas Vernünftiges vorgesetzt als wir plötzlich einen Anruf von Mahdi, unserem hyperprotektiven Kashanfahrer erhalten. Er ist gerade in der Stadt und muss uns jetzt treffen. Er hat in Yazd eine Unterkunft für uns organisiert, außerdem will er uns sicher noch irgendwo hinfahren. Da wir grundsätzlich freundliche Menschen sind, können wir nicht ablehnen. Irgendwie findet er uns in der Stadt anhand Mehdis Beschreibung, der selbst auf Europäer wesentlich besser eingestellt ist und uns unsere Bedenken ansieht. Doch diesmal bleiben wir standhaft, werden nirgendwo hinfahren, obwohl wir schon beinahe nachgegeben hätten. So verabschieden wir uns von Mahdi und Mehdi und ziehen zum Shotun Palast weiter. Der ist genauso schön  wie alle Paläste des Schahs, reich bemalt und idyllisch inmitten eines schattigen Gartens gelegen.
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Auch wenn es uns nicht so recht schmeckt, sammeln wir unser letztes Budget, um noch einmal unter Bezahlung die Shah Moschee am Naqsh-e Jahan Platz begehen zu können. Der Abend war am Ende doch zu kurz und dunkel, um dieses außergewöhnliche Bauwerk gebührend wahrzunehmen. Auch wenn hier mal wieder restauriert wird, bereuen wir es keine Sekunde wiedergekommen zu sein. Die sichtbehindernden Gerüste verfolgen uns schon durch den ganzen Iran. Dies vorallem in den teureren Sehenswürdigkeiten, deren Eintritt wir uns fortwährend abringen müssen. Das wäre einfach zu erklären, erläutert die deutschsprachige Kassiererin. Das Geld für Restaurierungsarbeiten würde in der Hauptstadt angewiesen, so wie es gerade verfügbar wäre und danach unter den unzähligen Kulturschätzen verteilt. Und weil die Erhaltung solcher Denkmäler eben teuer sei, würde eigentlich immer gebaut.
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Man hatte uns schon beim letzten Besuch von der Besonderheit des Echos unter der Hauptkuppel berichtet. Romantische siebenmal könne man sein eigenes Klatschen oder Pfeifen hören, vorausgesetzt man stünde exakt in der Mitte des Doms. An Echos glauben wir, doch deren genaue Anzahl würden wir  der persischen Dichtkunst zuzuschreiben. Umso erstaunlicher finden wir es, dass lautes Klatschen wohl eher mehr als sieben gut hörbare Wiederholungen nach sich zieht. Zum Glück sind so kurz vor Schließung nur noch wenige Touristen in dem Komplex, so dass wir ungestört unserer Faszination fröhnen können. Wir singen, klatschen, schnipsen, pfeifen bis wir uns doch nicht mehr so sicher sein können unbeobachtet zu sein. Das Verlassen der Moschee bedeutet für uns den Abschied von Esfahan, dem bisher eindringlichsten Iranerlebnis. Wir wollen es mit einer ungestörten Zigarette gebührend ausklingen lassen.
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Wer als Europäer wirklich ungestört bleiben will, sollte vollverschleiert kommen, glauben wir inzwischen. Ganz speziell in Esfahan. Doch wir haben gelernt. Wir sagen jetzt auch nein und lehnen die immergleichen Gespräche auch einfach mal ab. Vorallem von Englischnovizen, deren Kenntnisse noch gar nicht konversations-tauglich sind und besonders gern von mitteilungsbedürftigen Muslimen, die uns nach unserem Islamverständnis befragen wollen. Mitunter nerven aber auch die ganz Normalen. Das wäre nichts Ungewöhnliches, erklärt uns ein junger Kerl, dessen Schwester bald in Dresden studiere. Erst gestern wäre er von einem holländischen Ehepaar verscheucht worden wie ein lästiges Insekt, als er sie um ein Gespräch bat. Er lacht, als empfänden wir die gleiche Freude über seine Sicht der Dinge. Naja, dann redet er halt heute mit uns, von solchen Rückschlägen dürfe man sich doch nicht entmutigen lassen.
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Neuer Tag, neuer Ort. Shiraz, Stadt der Dichter, Gärten und des Weins. Letzteres weit weniger offiziell, als in längst vergangenen Tagen. Doch hinter den Türen werde hier so viel gesoffen, wie nirgends sonst, erklärt uns Mehrane. Diese hat glücklicherweise noch ein improvisiertes Zimmer in ihrem geheimen Gasthaus. Ja, sie ist sicher, dass all ihre Nachbarn brauten, aber darüber rede man natürlich nicht. Mit ihrem Mann Mahmud betreibt sie ein so geheimes Gasthaus, dass wir es beinahe gar nicht gefunden hätten. Sie sind Ende 20 und gerade dabei sich etwas aufzubauen, dass es in dieser Form eigentlich noch gar nicht geben dürfte. Viele Alternativen böten sich ihnen nicht, vor 2 Jahren entflohen sie dem Smog der Hauptstadt und arbeiteten anschließend Vollzeit, also quasi immer, allein für Kost und Logis in einem Hostel in Shiraz. Sie flüchteten mehr, als dass sie kündigten, begannen mit einem Bett und einem Raum. Nun reichten ihnen die 4 bis 6 Gäste, die sie stets hätten, obwohl sie mehr haben könnten. Beinahe haben sie Angst einer ihrer Nachbarn könnte sich gegen sie wenden, sie erpressen oder gar anzeigen.
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Wir schließen beide sofort ins Herz, fragen unter welchen Umständen sie sich kennengelernt hätten, da sie offensichtlich eine eher kumpelhafte Ehe führen. Ja, die Ehe ging von Mehrane aus, sagt Mahmud offen. Er habe immer Zweifel gehabt, ob er sich so etwas überhaupt leisten könne, denn hierzulande sei eine Trauung an ein gewisses Eigenkapital gekoppelt. Ohne ginge auch, wie man an ihrem Beispiel sehe, sei aber ungleich schwerer. Sie hätten sich kein Fest leisten können, ein Unding, das sie nachwievor verfolge. Er habe ihr es ja gesagt, klagt er vorwurfsvoll. Mahmud sei ein Scheidungskind, erklärt er. Das sei im Iran zwar möglich, aber höchst ungewöhnlich. Das hiesige Scheidungsrecht sehe keine Absicherung für die Frauen vor. Am Tag als er seinen Vater verlor, sei er der Mann im Haus gewesen, der die Familie zu unterstützen habe. Als er sich Jahre später zur Heirat entschloss, habe er also gleich seine Mutter gegen sich gehabt. Mehrane schaut betrübt. Ja, das Verhältnis zu ihr habe sich inzwischen gebessert, aber von Normalität könne keine Rede sein. Doch Mahmud lässt keine Kritik an seiner Mutter zu, versteht ihre offen egoistischen Motive. Nun wünsche sich Mehrane Kinder, doch wie immer fehlt das Geld, Mahmud zudem die Nerven. Das sind mal Probleme...
Am Schah Tscheragh Schrein werden die ausländischen Grüppchen zusammen-getrieben. Individuelles Begehen ist uns offensichtlichen Europäern nicht gestattet, wie uns der Aufpasser gutgelaunt erklärt. Während Xenia noch professionell verschleiert wird, gebe ich die Kameras ab. Na toll! Der Schrein selbst ist so groß, dass man sicher Stunden darin verbringen könnte, wenn auch die stechende Sonne wenig Anlass dazu gibt. Alle für uns wirklich interessanten Bereiche sind für Nichtmuslime unzugänglich. Unser Führer, den wir in den ersten Minuten direkt in der Geheimpolizei verortet hätten, führt uns in einer flotten Viertelstunde durch das gesamte Areal und kontrolliert dabei mehr die Einhaltung sämtlicher Richtlinien, als dass er erklärt. So wird es ein weiteres Erlebnis, das man sich hätte sparen können. Doch er scheint unser aller Enttäuschung über seine Anwesenheit verstehen zu können, weshalb er uns beim Abschied noch eine ganze Menge Tips mit auf den Weg gibt, wie wir Typen wie ihn vermeiden könnten. Hauptsächlich sollten wir wiederkommen, wenn keine Aufpasser mehr Dienst hätten, also von sehr spät bis sehr früh. Der Schrein indes müsse immer offen und begehbar bleiben, unsere Chance. Wir gedenken, es zumindest zu versuchen.
Es scheint überflüssig zu erklären, dass Shiraz auch wieder einen Bazar hat, der wiederum schöner und einzigartiger sein soll, als alle vorangegangenen Bazare. Während Xenia wieder Dinge entdeckt, die sie zuvor nicht finden konnte, suchen wir eigentlich das legendäre Teehaus im Bazar. Das uns so ans Herz gelegte Nationalgericht Dizi ist zwar weder Kebab noch Falafel, aber  dennoch keine sonderliche Erwähnung wert. Im Grunde scheint es ein Ragout aus Erbsen, Linsen, Fleisch und Brühe, die zusammen so weich gekocht werden, dass sie mit einem Mörser zerstoßen werden und mit Fladenbrot gegessen werden können.
Nach dem fünften Bazar folgt die zehnte Moschee, die wiederum außergewöhnlich schön ist, obwohl stets nur die Muster variieren. Auch weil es am Ende nur eine weitere Moschee wäre, fangen wir am Ticketschalter ungeniert an zu handeln, bitten um die Tickets für Einheimische. Auch wenn wir diesen Preis nicht erhalten werden, da der im Vergleich zum Touristenpreis höchstens symbolisch ist, lohnt sich der Versuch. Wir zahlen nur die Hälfte. Der Abend naht, so glauben wir noch einmal, unbegleitet in den Schrein zu kommen. Trotz aller Vorsicht misslingt unser Versuch, als sich ein staatlich geprüfter Guide freundlich aufdrängt. Derart enttarnt haben wir noch nicht einmal mehr Lust Tourist zu spielen und geben an, jetzt doch nicht in den Schrein zu wollen. Resigniert fahren wir ins Gasthaus und haben gemeinsam mit unserer Gastfamilie und deren weiteren Gästen am Ende eh die nachhaltigeren Erlebnisse.
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Zusammen mit zwei Franzosen wollen wir nach Persepolis, ehemaliger Herrschaftssitz alter Perserdynastien als auch von Xerxes, der offensichtlich gar nicht so böse war, wie im Weltffilm '300' beschrieben. Zumindest schufen seine Vorfahren ihre Hauptstadt ganz ohne Sklavenarbeit, was eine außergewöhnliche Errungenschaft für die damalige Zeit darstellen sollte. Wenn auch die Stadt selbst nicht lange Bestand haben sollte, bis sie von Alexander dem Großen erobert und teilweise zerstört wurde, blieben im trocken heißen Wüstensand die aufwendigen Reliefs hervorragend erhalten.
Diese zeigen entgegen damaliger Bräuche ausschließlich friedliche Szenen, von Menschen aus dem gesamten persischen Weltreich, das einst von Bulgarien bis Kasachstan und Indien reichte und die freien Willens in die Perserstadt kamen um ihrem König diverse Geschenke zu überreichen. In der erdrückenden Hitze des offenen Areals benötigen wir 3 Stunden um alles zu sehen, bis uns die kaum mehr erträglichen 40 Grad zur Umkehr zwingen. Alles in allem war es trotz der ermüdenden Anfahrt definitiv eines unserer bisherigen Highlights der Reise. Als wir am frühen Nachmittag zurückkommen, sind wir so müde, dass uns Schlafen die einzige Alternative zu bleiben scheint.
So richtig durch sind wir noch nicht mit Shiraz. Wir wollen noch in die Pinke Moschee, die zwar ähnlich ausgestaltet ist, wie schon die Vakilmoschee, dafür aber mit schönen Glasarbeiten aufwarten kann. Im Morgenlicht durchstrahlen sie bunt die Räume. Zudem haben wir Mehrane und Mahmud überreden können, uns beim Teppichkauf zu unterstützen. Wir glauben ein Exemplar gefunden zu haben, das sich ganz hervorragend in unser zukünftiges Wohnzimmer fügen könnte. Unser erstes Anfragen resultierte in einem fairen Preisangebot von etwa 300 Dollar. Das heißt für uns, dass der echte Preis bei etwa 150 Dollar liegt und man sich etwa bei 200 treffen könnte. Jedenfalls treffen wir die beiden vor der Post, wo man uns behutsam darauf vorzubereiten versucht, dass der Teppichversand gerne 100 Dollar kosten könne. Nun, dann müssen wir umso besser handeln! Doch die Ernüchterung folgt im Bazar, als der selbe Teppich nach Verhandlung plötzlich 400 Dollar kosten soll. Man habe uns zuvor nur versehentlich den falschen Preis genannt. Damit ist das gute Stück trotz der öffentlichen Schönheit für uns verdorben. Gibt's halt keinen Teppich...
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Yazd, Wüstenstadt und letzte Station auf unserer Rundreise durch den Iran südlich der Hauptstadt ist unter anderem berühmt für seine Süßigkeiten. Das Zentrum Yazds scheint derart weitläufig, dass man angesichts der abermaligen Hitze beinahe die Lust verliert, irgendetwas zu unternehmen. Dabei leidet Xenia unter ihrem Schleier wesentlich mehr als ich unter den langen Hosen, die sich zielgerichtet an den Beinen festkleben. Wir flüchten ins etwas kühlende Wassermuseum, das sich mit dem Herbeileiten des Wassers durch unterirdische Gänge, auch Qanats genannt, beschäftigt. Diese Technik des kilometerlangen Kanalgrabens in der Steinwüste existiert schon seit Jahrtausenden. Dabei muss selbstverständlich Rücksicht auf permanentes gleichmäßiges Gefälle gelegt werden, um das Wasser aus den Quellen in den Bergen zielgerichtet durch die Keller der Stadt zu leiten. Die Arbeit war über all die Zeit stets gefährlich geblieben, so dass noch Farbfotos die kaum veränderten Praktiken belegen. Die Gräber, die in der spärlichen Beleuchtung einer Öllampe Gänge gruben, die kaum größer waren als sie selbst, trugen vorzugsweise weiße Gewänder, um im Falle eines Einsturzes bereits das Leichengewand zu tragen.
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Zurück an der Oberfläche durchlaufen wir die engen Gassen der Altstadt und finden, wie im Reiseführer versprochen, gar nichts. Die Suche nach irgendwas wird mit zunehmender Dauer derart ermattend, dass wir uns begnügen, wenigstens den vielgerühmten Bagh-e Dolat Abad Garten zu finden. Der liegt unverfehlbar weit am Rande des Stadtzentrums. Irgendwie reicht unsere Geduld angesichts der Tatsache, dass wir außer des Museums und der einhundertfünfzigsten Moschee, die wir am Ende nicht betreten werden, eigentlich noch nichts gesehen haben. Yazd gefällt uns irgendwie trotzdem, über die Hitze wollen wir da schon gar nicht mehr stöhnen, selbst das wird mit der Zeit langweilig. Aber inzwischen empfinden wir alles bis 35 Grad als eigentlich ganz angenehm. Der Garten mit seinem ikonischen Pavillon, der zudem ein Paradebeispiel für die Konstruktion eines Windturmes darstellt, stößt da ins gleiche Horn. Hier kann man es aushalten. Granatapfelbäume säumen die Alleen, ein breiter Pool durchzieht das Gelände. Angeblich wächst hier alles, doch außer Orangen und Oliven können wir nicht viel erspähen. Wir bleiben solange wir können, bis uns der Bus zurück in unsere Bleibe bringt.
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Für den nächsten Tag und quasi als Abschluss unserer Rundreise haben wir uns eine Exkursion in die Wüste ausgesucht. Die beginnt zum Glück erst um 5, weswegen wir den größten Teil des Tages in unserem dankbarerweise klimatisierten Schlafzimmer aussitzen können. Wir erreichen die Sandwüste Bafgh erst kurz vor Sonnenuntergang. Wie für den Touristen gemacht, stehen die Kamele schon bereit, während uns ein Einheimischer einmal kurz auf dem Rücken dieser brüllenden, sanften Wüstenschiffe einmal um die nächste Düne führt. 10 Minuten hin, 5 zurück, aber das war ja zu erwarten gewesen. Doch wir können es kaum erwarten, auf die richtigen, die hohen Dünen zu kommen. Die Sonne senkt sich schon gefährlich, als wir all unsere noch fei verfügbaren Kräfte bündeln müssen, um im Zwei-Schritt-vor-ein-Schritt-zurück-Verfahren irgendwie den Kamm erklimmen können. Spätestens jetzt fühlen wir uns wie waschechte Pauschaltouristen, die trotz gekaufter Erlebnisse auch noch in Stress verfallen, um auch noch das letzte bisschen Erlebnis aus der gebuchten Zeit zu pressen. Es gelingt. Im letzten Licht des Tages rauchen wir die Klischeezigarette, die wir wegen des immerstarken Windes kaum anzuzünden im Stande sind. Kaum ist sie geraucht und noch einmal tief geseufzt, müssen wir uns schon beeilen, den knappen Kilometer zurück zu unserem Fahrer zu kommen, bevor hier sprichwörtlich das letzte Licht ausgeht. In der Wüste geht die Sonne nämlich, wer hätte es gedacht, denkbar tief unter, so dass das letzte bisschen Abendröte schon bald vom matten Sand der Dünen und deren Schatten verschluckt wird.
Als wir zurückkommen, sehen wir unsere eigenen Schritte schon nicht mehr. Doch damit nicht genug. Die sternenklaren Nächte der persischen Ödnis sind legendär, für uns heißt das noch Sternenhimmel beobachten. So hält der Guide an der dunkelsten Stelle, die er abseits der Straße finden kann. Wäh-rend wir uns im Langzeit-belichten auf dem Stativ üben, baut unser Guide sein imposantes Teleskop auf. Er braucht ein Weilchen, doch findet er im Anschluss mithilfe einer App sogar Jupiter und Saturn unter all den Lichtern dieses Firma-ments. Letzterer zeigt sogar seine Ringe, so deutlich, wie wir es bisher für unmöglich gehalten hatten. Während die chronisch gelegentlich vorbeifahrenden Au-tos fortwährend eine Belichtung nach der anderen zerstören, gleicht der Guide sämtliche Ster-nenbilder mit seinem Handy ab, bis uns die immer später wer-dende Nacht zur Umkehr zwingt.
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Zwei Tage später sind wir zurück in der Hauptstadt. Abol hat sich derweil so viele Neuankömmlinge in sein inoffizielles Domizil gelotst, dass er bei unserer Ankunft gerade ein Doppelstockbett im Wohnzimmer aufbaut. Wir sind zwar noch nicht ganz durch, im Land der Mullahs, aber viel wird nicht mehr kommen, da sind wir sicher. Botschaft, Botschaft, Mashhad und weiter. Ganz so soll es nicht gelingen, aber ein wenig mehr Abenteuer täte uns sicher gut.
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Der Iran hat uns überrascht, vorrangig weil er weit weniger spektakulär war  als uns unsere gesteigerte Erwartungshaltung versprechen wollte. Ein schönes Land, unbestreitbar im langsamen gesellschaftlichen Wandel. Schon bald werden die Abenteurer weniger werden, vielleicht gar ausbleiben und durch eine riesige Masse an Pauschaltouristen ersetzt werden, die dem Zauber aus tausend und einer Nacht genauso erliegen werden, wie wir es sind. Umso erstaunlicher, dass wir diesen Zauber, wenn überhaupt, eher in der jungen Generation fanden, denn in der alten. Ob wir wieder kommen? Wir wissen es nicht. Essen gehen wir jedenfalls woanders =)
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